Weinmythen

Kleine Geschichtsstunde: Prosecco oder „Es war einmal eine Traube“

Bei Champagner denken wir an besondere Anlässe. Bei Sekt an runde Familien-Geburtstage. Und bei Prosecco irgendwie immer an Jugendlichkeit. Der spritzige Wein aus Norditalien erlebte im Deutschland der 90er einen Boom, der seitdem anhält. Zeit für eine “kleine Geschichtsstunde“. 

Ein „Elixier für ein langes Leben“

Zunächst halten wir fest: Sommelier ist man nicht einfach, man muss es erlernen. Jeder, der sich Sommelier oder (weiblich) Sommelière nennen darf, hat hierfür eine Ausbildung und/oder sogar ein Studium der Önologie durchlaufen. Das verdient auf jeden Fall Respekt! In dieser Ausbildungszeit schult der Sommelier seine Nase, so wie ein Fotograf sein Auge oder ein Tontechniker seine Ohren schult. Natürlich denken wir bei dem Begriff „Sommelier“ vor allem an Weine. Zum Ausbildungsinhalt gehört aber auch das sensorische Verkosten von Bier, Spirituosen, Kaffee, Tee, Zigarren und Wasser (man muss es erlebt oder besser erschmeckt haben, aber es gibt RIESIGE Unterschiede beim Wasser). Der Sommelier trainiert auch im späteren Job kontinuierlich eine Flüssigkeit im Ganzen zu erfassen, aber auch jede kleine Nuance für sich wahrzunehmen. Ähnlich wie ein Pianist jede einzelne Note, aber auch das harmonische Zusammenspiel wahrnimmt.

Prosecco kann von still bis spritzig

Bei Prosecco denken wir wahrscheinlich zuerst an den Schaumwein, dabei gibt es ganz verschiedene „Arten“ von Prosecco.

Spumante oder Schaumwein

Der spritzige Klassiker unter den Prosecchi (das ist die italienische Mehrzahl von Prosecco, falls sie beim Lieblingsitaliener mal auftrumpfen wollen). Im Gegensatz zum französischen Champagner oder deutschem Winzersekt entsteht beim Prosecco Spumante die Kohlensäure eher selten durch die aufwendige Flaschengärung. Die Tankgärung (Metodo Martinotti genannt) sorgt dann auch für den meist wesentlich höheren Kohlensäuregehalt und eine feinere Perlage der Prosecchi.

Spento, tranquillo oder Stillwein

In Deutschland nicht ganz so bekannt wie die spritzigen Vertreter ist der Prosecco Spento und der Prosecco tranquillo. Winzer keltern die Weißweine auch aus den Trauben des Prosecco-Anbaugebiets, nur die Kohlensäure lassen sie einfach weg. Beim nächsten Italienurlaub auf jeden Fall probieren!

Frizzante oder Perlwein

Quasi die „medium“ Variante zwischen Schaumwein und Stillwein. Prosecco Frizzante erkennt man auf den ersten Blick am Schraubverschluss oder Korken, verschlossen mit einem Bindfaden. Durch den wesentlich geringeren Kohlensäuregehalt (unter 2,8 Bar) braucht der Perlwein nicht die Agraffe, um den Korken zu sichern.

Weiße Rebsorte

Von der Rebsorte zur geschützten Herkunftsbezeichnung

Bis zum 30. November 2009 war der Name Prosecco eine Rebsorte. Das heißt, für den Prosecco gab es Trauben aus einem klar definierten Anbaugebiet. Das änderte sich mit einem Dekret des italienischen Landwirtschaftsministeriums mit dem unromantischen Namen EG-Verordnung Nr. 1166/2009.
Prosecco ist seither, wie Champagner oder Cognac, eine Herkunftsbezeichnung. Anbaugebiet, Herstellungs- und Abfüllort sind genau geregelt. Wurde Prosecco davor auch gerne in blauen Flaschen oder sogar in Dosen verkauft, sind seit 2010 nur noch Weiß-, Gelb-, Braun-, Grün- und Grauschwarze-Glasflaschen erlaubt. Was sich nach kleinkariertem Beamtentum anhört, führte zu einer Qualitätssteigerung. Zuvor gerne in Tankwagen nach Deutschland gefahren, um dann vor Ort massenhaft abgefüllt zu werden, ist Prosecco heutzutage ein Product „Made in Italy“.

Die ehemals Prosecco genannte Rebsorte heißt seit dem Dekret „Glera“ und muss mindestens 85% des Proseccos ausmachen. Nur in neun Provinzen darf diese Traube angebaut werden. Alle Anbaugebiete zusammen haben circa 28.454 ha Fläche, was ungefähr Frankfurt am Main entspricht. Auch wirtschaftlich ist die Region enorm wertvoll: Jedes Jahr werden hier um die 200 Millionen Flaschen produziert. Knapp 60% davon werden ins umliegende Ausland und nach Übersee exportiert.

Einen Schatz behalten die Italiener aber fast vollständig für sich: Der in den Gemeinden Fol und Saccol gekelterte „Prosecco Cartizze“. Ein Prosecco von ganz besonders hoher Qualität, der nur in sehr geringen Stückzahlen abgefüllt wird.

Weitere Beiträge